Einstieg

Jede Arbeit beginnt. Und das wäre kein Problem, würde nicht der Beginn immer nur als ‘Beginn von etwas’ einen Sinn machen. So setzt der Beginn immer schon das Ganze voraus. Also läßt sich nur mit dem Ganzen anfangen. Am Ganzen läßt sich zeigen, wo sein Beginn ist. Wenn das Ganze bekannt ist, liegt sein Beginn in seiner Logik. Nur: Wie das Ganze bekannt machen, womit anfangen? Ausweglos! Vielleicht anders: Der Beginn ist das Ganze. Nur in nebulöser Form. Beim Durchschreiten vom Beginn an lichtet sich der Nebel. Der Beginn, der das Ganze ist, findet sich auf dem Weg durch die Arbeit. Das Ganze liegt im Beginn, implizit. Am Ende hat sich dieses Implizite offenbart. Genug der spekulativen Rede:

Das Ganze: Eine subjektwissenschaftliche Betrachtung der Software-Entwicklung. Es wird die These vertreten, daß nur mit einem gesellschaftlich reflektierten Begriff von Programmierarbeit, aus der Perspektive der programmierenden Subjekte, verallgemeinerbare Aussagen über Probleme dieser Arbeit gewonnen werden können.

Der erste Nebel: Ganz knapp formuliert besteht diese Arbeit aus fünf Schritten: 1. Verortung der eigenen Position im Kontext der Diskussion um Software-Entwicklung. 2. Entwicklung eines Bedeutungskonzeptes. 3. Aufzeigen der Ansatzstelle der weiteren Arbeit: Wie ist menschliches Handeln als Problem zu fassen. 4. Aufstellen einiger methodischer Grundsätze, um zu einem Konzept der weiteren Arbeit zu gelangen. 5. Anwendung des Konzepts auf die Problemstellung ‘Probleme der Programmierarbeit in unserer Gesellschaft’.

Das war die monologische Sicht auf diese Arbeit. Sie trifft nicht wirklich das, was sich im folgenden ereignet. Deshalb sei sie um eine dialogische Sicht ergänzt: Meine Arbeit versucht Diskurse miteinander ins Gespräch zu bringen. Auf der einen Seite dieses Dialogs steht die Kritische Psychologie, die vor allem ihren Subjektivitätsbegriff ins Spiel bringt, auf der anderen Seite stehen unterschiedliche Diskurse der Informatik. Wenn es zu einem wirklichen Dialog kommt, entwickelt sich in dieser Arbeit ein Gedanke: Ein Versuch mit den Problemen von Programmierenden wirklich umzugehen. Die Gesprächsrunden: 1. Ausgehend von der Position, die Christiane Floyd vertritt, versuche ich die Dimension ins Spiel zu bringen, die mir am Herzen liegt. Ich tue das in den Worten der Kritischen Psychologie, die hier ihren ersten Auftritt hat. 2. Ich begebe mich in den Diskurs der Handlungsregulationstheorie, die eng mit der Angewandten Informatik verzahnt ist. Was leistet die Theorie, wie ist ihr Verhältnis zu einem explizit subjektwissenschaftlichen Ansatz und welche Leerstelle bleibt, die von der Handlungsregulationstheorie nicht besetzt werden kann. Positiv schält sich in diesem Kapitel ein Bedeutungsbegriff heraus, der es ermöglicht, Subjekte in der Welt zu denken. Der Ausblick auf neue Entwicklungen der Handlungsregulationstheorie am Ende des Kapitels soll deutlich machen, daß das Gespräch sich nicht sehr weit von ihr entfernt hat. 3. Wenn von Subjektivität und Software-Entwicklung die Rede ist, kann von Partizipativer Systementwicklung nicht geschwiegen werden. Das Kapitel sucht einen Ort auf, an dem der Partizipation die Subjekte zum Problem werden. Es versucht hier ein Schlüsselkonzept der Kritischen Psychologie, die Kategorie der restriktiven Handlungsfähigkeit, ins Spiel zu bringen. 4. In diesem Teil findet eine kurze Rückschau statt. Die Ergebnisse der letzten zwei Kapitel werden methodisch gewendet, so daß für konkrete Arbeits- und Problemsituationen ein Orientierungsrahmen entsteht. Im 5. Kapitel kehrt sich die Gesprächssituation um. Ausgehend vom 4. Kapitel versuche ich Probleme von Programmierenden aufzuklären. Hier ist für die Beiträge der Kritischen Psychologie eine Grenze erreicht. Sie verfügt nicht über ein Konzept von Programmierarbeit. Ich versuche aus dem Diskurs zu einer Theorie der Informatik die Maschinisierung von Kopfarbeit Frieder Nakes ins Gespräch zu bringen. Am Ergebnis zeigt sich, ob es mir gelungen ist, diese Kategorie zur Analyse individueller Probleme zu transformieren. Hier endet der Dialog. Folgen könnte dem gemeinsamen Gespräch nur noch die gemeinsame Tat, an die diese Arbeit heranführen sollte.

Eins sei noch einmal deutlich hervorgehoben: Mein Anliegen war es in erster Linie, verschiedene Diskussionsstränge miteinander ins Gespräch zu bringen, weil ich denke, daß es für alle Seiten gewinnbringend ist. Erst in zweiter Linie ging es mir darum, auf ein Ziel, die subjektiven Probleme von Programmierenden, zuzugehen. Diese Arbeit erschöpft sich nicht in ihrem Resultat. Erst aus dieser Sicht erschließt sich meine Diplomarbeit, mein Weg.

Die Arbeit: