Was ist kritische Informatik?

Die kritische Informatik ist nichts fest Umrissenes oder gar Institutionalisiertes. Jede/r, die/der Unbehagen mit dem Mainstream der Informatik verspürt und das auch schon mal äußert, gehört dazu. Folglich gibt es einen bunten Reigen von Kritikerinnen und Kritikern mit den unterschiedlichsten Ansätzen. Diese Vielfalt ist prima und gleichzeitig schwach, denn es mangelt an Konsistenz, Kontinuität, Radikalität und Perspektive:

  • Konsistenz: Unterschiedliche theoretische Ansätze lassen sich nicht nach Belieben verquicken. Eine argumentativ geschlossene Kritik kann daher nicht entstehen. Sie bleibt beim Einzelphänomen stehen oder landet beim Eklektizismus - dem willkürlichen Kombinieren von Theorieversatzstücken.
  • Kontinuität: Ohne Konsistenz auch keine Kontinuität, denn dann gibt es einfach zu wenig einheitliche und damit gemeinsame Bezugspunkte, an denen man weiterarbeiten könnte. Auch die Uni bietet hier keine Möglichkeiten - zu sehr verwertungsorientiert läuft dort inzwischen Lehre und Forschung.
  • Radikalität: Radikales läßt sich in dieser Gesellschaft nicht gut verwerten. Wenn schon Kritik, dann soll sie soft sein und niemandem auf die Füsse treten. Eine softe Kritik ist eine, die sich schon beim Entstehen des kritischen Gedankens im Kopf selbst zensiert. Ohne nach der Wurzel zu graben, ist jedoch jede Kritik kurzatmig und folgenlos.
  • Perspektive: Aus einer Kritik soll etwas folgen, nämlich die Überwindung des Alten und die Schaffung von Neuem. Vor der Praxis steht jedoch immer die Theorie. Kritik am Bestehenden muß schließlich zum Entwurf von Neuem werden - unter Beibehaltung der Radikalität. Ob das geht? - Dafür gibt historisch tausend Beispiele.